6. Deutschland-Barometer Depression: 20 Monate bis Menschen mit Depression sich Hilfe suchen

AdobeStock/drazen

Nachricht vom 08.11.2022

Im Schnitt vergehen 20 Monate, bis sich Menschen mit einer depressiven Erkrankung Hilfe suchen. Das zeigt die aktuelle Studie - Deutschland-Barometer Depression - der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention. Die Befragung untersucht jährlich Einstellungen und Erfahrungen zur Depression, in diesem Jahr insbesondere die Behandlungssituation.

Die Deutsche Bahn Stiftung fördert die Studie.

Die Ergebnisse des 6. Deutschland Baromter-Depression wurden am 8.11. aus dem Hauptbahnhof Berlin der Öffentlichkeit präsentiert. Prof. Ulrich Hegerl (r.), Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Inhaber der Senckenberg-Professur an der Goethe-Universität Frankfurt stellte die zentralen Ergebnisse vor und sprach mit den Betroffenen M. Wiencke und J. Laschewski.

Christian Gravert, über 10 Jahre lang enger Begleiter der Deutsche Bahn Stiftung - als Mitglied des Fachkuratoriums sowie als Leitender Arzt der DB AG - moderierte die Präsentation. 

Gründe: krankheitsbedingte Antriebslosigkeit, Stigma und Versorgungsengpässe

„Die Depression ist eine schwere, oft auch lebensbedrohliche Erkrankung. Dass ein großer Teil der Betroffenen Monate oder sogar Jahre braucht, um sich Hilfe zu suchen, ist besorgniserregend. Gründe dafür sind die für eine Depression typische Hoffnungslosigkeit und Antriebslosigkeit, aber auch Versorgungsengpässe und die immer noch bestehende Stigmatisierung psychischer Erkrankungen“, erklärt Prof. Ulrich Hegerl, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention / Senckenberg-Professur an der Universität Frankfurt/Main.

Wochenlange Wartezeit auf Termin beim Facharzt und Psychotherapeuten

Über alle befragten Betroffenen hinweg dauert es durchschnittlich 20 Monate, bis sich Menschen mit Depression Hilfe suchen. Dabei gibt es große Unterschiede: Ein Drittel aller Betroffenen sucht sich sofort Hilfe. Bei 65% hat es hingegen länger gedauert, bis sie professionelle Unterstützung in Anspruch genommen haben – im Schnitt 30 Monate.  Wenn sich die Betroffenen Hilfe suchen, wenden sie sich mehrheitlich zunächst an den Hausarzt (51%). Jeder vierte Patient (25%) geht direkt zum Facharzt und 19% als erstes zum Psychotherapeuten. 

Heilpraktiker geben nur 0,7% der Befragten mit Depression als erste Anlaufstelle an. In der Befragung berichten die Betroffenen rückblickend jedoch von wochenlangen Wartezeiten, ehe eine Behandlung beginnen konnte. So gaben die Betroffenen an, 10 Wochen auf ein Erstgespräch beim Psychotherapeuten gewartet zu haben, bei Fachärzten im Schnitt 8 Wochen. Fünf Therapeuten mussten die Betroffenen nach ihrer Erinnerung im Schnitt kontaktieren, ehe sie einen Termin bekamen. „Bei einer so leidvollen Erkrankung wie der Depression, die zudem mit hoher Suizidgefährdung einhergeht, sind so lange Wartezeiten nicht akzeptabel“, sagt Hegerl. 

 

Der Mehrheit kann mit Psychotherapie und Medikamenten geholfen werden

Gemäß der Nationalen Versorgungsleitlinie sind Medikamente und/oder Psychotherapie die beiden wichtigsten Behandlungssäulen bei Depression. Von den Befragten, die aktuell erkrankt sind, bekommen 62% Medikamente und 48% Psychotherapie, 35% erhalten eine Kombination aus beidem. Dabei erleben die Betroffenen beides als wirksam: Psychotherapie empfinden 85% der befragten Depressionspatienten als hilfreich oder eher hilfreich, bei Medikamenten sind es 80%. 

Selbsthilfe und Online-Angebote als zusätzliche Unterstützung

Selbsthilfegruppen werden von 8% der Betroffenen besucht. Digitale Gesundheitsangebote nutzen bisher nur 7% der an Depression Erkrankten, 26% hatten dagegen noch nichts von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) gehört. Insgesamt empfanden über zwei Drittel der befragten Menschen mit einer Depression (68%) die leitlinienkonformen und vielen alternativen Behandlungsangebote als „Dschungel“, in dem es schwer sei, einen Überblick zu bekommen. Weitere Aufklärungsarbeit ist deshalb nötig. 

Alternative Medizin selten von Depressionspatienten genutzt

9% nutzen alternative, nicht-evidenzbasierte Verfahren wie Homöopathie, Heilsteine oder Darmreinigung und geben dafür jährlich im Schnitt 227 Euro aus. Als Hauptgrund wird genannt, selbst etwas für die Behandlung beitragen zu wollen (57%), aber auch lange Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz oder Zweifel an der Schulmedizin spielen eine Rolle (je 19%). 

Insgesamt ist den Befragten wichtig, dass es für den gewählten Behandlungsweg wissenschaftliche Wirksamkeitsbelege (Evidenz) gibt. So gaben 78% der Befragten mit Depression an, dass ihnen wissenschaftliche Wirksamkeitsbelege bei der Wahl der Behandlung wichtig seien. „Es gibt einen großen Markt an Verfahren, die große Versprechen zur Genesung machen und viel Geld kosten. Ich kann Patienten nur empfehlen, sich in den Nationalen Versorgungsleitlinien Depression zu informieren. Dort sind alle Verfahren, die ausreichende wissenschaftliche Wirksamkeitsbelege haben, aufgeführt. Die Behandlung mit diesen Verfahren wird in den allermeisten Fällen von den Krankenkassen getragen“ so Ulrich Hegerl. Mehr zur Nationalen Versorgungsleitlinie Depression unter: www.leitlinien.de/themen/depression 

 

Komplette Studie 2022

 

Weitere Informations- und Hilfsangebote

 

Deutsche Bahn Stiftung/Eventpress - Sascha Radke

Ergebnisse zusammengefasst

Nachrichten zum Projekt

6. Deutschland-Barometer Depression: 20 Monate bis Menschen mit Depression sich Hilfe suchen

Im Schnitt vergehen 20 Monate, bis sich Menschen mit einer depressiven Erkrankung Hilfe suchen. Das zeigt die aktuelle Studie - Deutschland-Barometer Depression - der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention. Die Befragung untersucht jährlich Einstellungen und Erfahrungen zur Depression, in diesem Jahr insbesondere die Behandlungssituation. Die Deutsche Bahn Stiftung fördert die Studie. Die Ergebnisse wurden am 8.11. aus dem Hauptbahnhof Berlin der Öffentlichkeit präsentiert. Weiterlesen …

AdobeStock/drazen

5. Deutschland-Barometer Depression: Jede:r fünfte Beschäftigte an Depression erkrankt

An Depression Erkrankte gehen im Job eher zurückhaltend mit ihrer Erkrankung um. Die Bevölkerung sieht die Ursachen einer Depression fälschlicherweise vor allem in Arbeitswelt. Das sind nur zwei der Erkenntnisse, die durch die aktuelle Erhebung zum 5. Deutschland-Barometer Depression gewonnen werden konnten. Die Ergebnisse hat die Stiftung Deutsche Depressionshilfe zusammen mit ihrem Förderpartner der Deutsche Bahn Stiftung am 9. November in Berlin vorgestellt. Weiterlesen …

4. Deutschland-Barometer Depression: Studie zeigt Folgen für die psychische Gesundheit infolge der Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie stellt an Depression Erkrankte immer wieder vor kaum überwindbare weitere Herausforderungen. Die Folgen für die psychische Gesundheit infolge der Pandemie-Maßnahmen wurden mit Hilfe einer Online-Befragung im Sommer untersucht und nun als 4. Deutschland-Barometer Depression veröffentlicht. Die Ergebnisse hat die Stiftung Deutsche Depressionshilfe zusammen mit ihrem Förderpartner der Deutsche Bahn Stiftung am 10. November vorgestellt. Weiterlesen …

DB Museum/Uwe Niklas

Interview: „Depression ist eine Krankheit, die verbindet man nicht mit 25 sein.“

Radiomoderatorin, Bloggerin und Bestsellerautorin – Victoria van Violence ist erfolgreich und jung. Doch sie kennt auch schwierige Zeiten. 2014 erkrankte sie an einer Depression. Mit der Deutsche Bahn Stiftung hat die Botschafterin der Stiftung Deutsche Depressionshilfe über ihre persönlichen Erfahrungen gesprochen. Weiterlesen …

Bundesweiter Vorlesetag

Deutschland-Barometer Depression: Studie zeigt Auswirkungen auf soziale Beziehungen

Unter großem medialen Interesse wurde am 27. November in Berlin das zweite „Deutschland Barometer-Depression“, eine gemeinsame Studie der Deutsche Bahn Stiftung und der Stiftung Deutsche Depressionshilfe öffentlich vorgestellt. Es zeigt sich: Jeder vierte Deutsche ist Angehöriger eines an Depression erkrankten Familienmitgliedes oder Freundes! Weiterlesen …

Übergabe des Vorlesekoffers an die Botschafterin der Deutschen Depressionshilfe Victorica van Violence

bahn.bonus Punkte ermöglichen Vorlesekoffer für Kinder

100 Einrichtungen für Kinder können sich über einen großen roten Vorlesekoffer, gefüllt mit buntem Lesestoff freuen. Weiterlesen …

Umfrage "Depression - so denkt Deutschland"

Umfrage "Depression - so denkt Deutschland"

Wie denkt Deutschland über Depression? Dieser Frage gehen wir mit der Stiftung Deutsche Depressionshilfe in einer aktuellen Studie nach. Weiterlesen …

Depressionshilfe: 3.000 Anrufer am Info-Telefon

Depressionshilfe: 3.000 Anrufer am Info-Telefon

Mithilfe der Deutsche Bahn Stiftung konnte die Stiftung Deutsche Depressionshilfe im September 2014 ein kostenloses Info-Telefon ins Leben rufen. Weiterlesen …

Information und Networking beim Patientenkongress.

Information und Networking beim Patientenkongress

Am 12. und 13. September lädt die Stiftung Deutsche Depressionshilfe (SDD) zum dritten Patientenkongress Depression in das Gewandhaus zu Leipzig.  Weiterlesen …

Auktionator Harald Schmidt erzielt über 6.000 Euro.

Auktionator Harald Schmidt erzielt über 6.000 Euro

Eine ordentliche Summe Geld kam zusammen, als Harald Schmidt am 1.10. sechs Kunstwerke in Leipzig versteigerte. Die Werke entstanden im Rahmen des Kunstwettbewerbs „face depression“. Der Erlös der Versteigerung kommt dem Kampf gegen Depression zugute. Weiterlesen …

Harald Schmidt versteigert Kunstwerke!

Harald Schmidt versteigert Kunstwerke!

Aus über 1.000 Einsendungen hat unsere Jury sechs Gewinner bestimmt. Die Kunstwerke werden am 1.10. vom Entertainer Harald Schmidt öffentlich versteigert. Sie können gern mitbieten, vor Ort oder vorab. Weiterlesen …

Deutsche Bahn Stiftung unterstützt Kampf gegen Depression.

Deutsche Bahn Stiftung unterstützt Kampf gegen Depression

Seit diesem Jahr fördert die Deutsche Bahn Stiftung die Arbeit der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Die beiden Partner stellten jetzt in Berlin ihre Kooperation und die Projekte des neuen „Forschungszentrums Depression“ vor. Weiterlesen …

zurück zu den Nachrichten